Der Testlehmofen für die Baustelle

Wir haben eine Baustelle. Eigentlich eine alte Mühle, die in den nächsten Jahren unser Zuhause werden soll. Wie das halt so ist mit Baustellen: Die Nahrungsmittelversorgung vor Ort ist immer einen Tick schneller gemacht als erst loszuziehen und irgendwo etwas zu ordern. Mit Bestellen ist auf‘m Dorf eben nicht immer und jederzeit drin. Was also tun, wenn einem Grillen und Suppenterrinen schon zum Hals raushängen? Richtig: Frau baut einen Backofen! Irgendwann hat’s mich dann nämlich doch gereizt, aus dem Baumaterial, das wir eben noch so da hatten, einen kleinen Lehmofen zu basteln. Nichts großes, eigentlich nur eines der beiden „Experimente“ in Sachen Lehmofenbau, das in einem Buch beschrieben wird, das ich mir zu diesem Zweck mal angeschafft hatte. Sie nennen ihn den „Keksofen“. Leicht modifiziert wegen Abweichungen im vorhandenen Material und späterem Zweck. Das Ergebnis ist alles andere als perfekt, aber ich fand es für mal eben zusammengeschustert schon recht passabel. Immerhin betrug die reine Bauzeit mit herankarren der Materialien und Vorbereitung nicht mal einen halben Tag- ohne Trockenzeiten, versteht sich. Der Unterbau aus Lehmbacksteinen, im Vorjahr schon provisorisch zum Grillen gemauert, abgedeckt mit einer 40 x 40 Gehwegplatte aus Beton, der stand ja schon. An einem sonnigen Tag im Frühsommer ging es dann los. Ordentlich matschen und nebenbei schön Fotos von allen Einzelschritten machen. Als Jugenddiakonin kommt mir durchaus auch mal in den Sinn solche Dinge beruflich mit meiner Zielgruppe umzusetzen. Nahtlose Dokumentation bietet sich da an. ;-) Was mir zur Verfügung stand:

  • Lehmhaufen
  • Lehmsteine
  • Wasser
  • Bausand
  • Stück OSB-Platte
  • Abdeckplane 2, 5 x 3 m
  • Eimer 10 Liter
  • Mixstab für die Bohrmaschine

Die Vorbereitungen:

Zu allererst einmal hatte ich das leidliche Vergnügen den Lehm zu „säubern“. Den Haufen von dem er stammt haben wir zusammen mit dem Haus ersteigert. Im Grunde war mir klar, dass dort ein Haufen Steine drin sein würde. Die machen sich beim Lehmstampfen übrigens ziemlich bescheiden. Also raus damit! Wie? Bohrmaschine mit Rührer am Ende. Ich habe einfach einige Brocken Lehmerde in einen Eimer getan, Wasser drauf, und dann solange gerührt, bis sich eine dickflüssige Schlacke gebildet hat. Die Steine habe ich glücklicher Weise so rauslesen können. Hat ein wenig gedauert. Beim nächsten Ofen würde ich das Ganze lieber über ein Sieb gießen und kleine Steinchen einfach drin lassen. Da das Ganze doch recht flüssig war, habe ich den randvollen Eimer mit Schlacke einfach in der Sonne stehen lassen und bin zum nächsten Punkt in der Vorbereitung übergegangen.

Die Grundplatte:

Die Grundplatte für den Lehmofen Das ist sie also... die provisorische Grundplatte aus gebrannten Lehmbausteinen. Die Steine lagen, wie alles andere, einfach noch so rum. Daraus habe ich die Grundplatte für den Ofen gebaut. Ich war und bin der Meinung, dass Lehmbausteine die Hitze besser speichern, als Beton es würde. Darum der Aufwand. Beim nächsten Ofen würde ich trotzdem zu Schamott greifen. Optimal ist eben besser als provisorisch.

Die Form bauen:

Lehmofenform bau mit Sand Ein Eimer mit feuchtem Bausand bildet unsere Grundform für den Keksofen. Sand rein, gegebenenfalls noch etwas wässern, damit alles schön pappt, und dann stürzen wir das Ganze wie früher beim Sandburgenbau. Mit den Händen ist die Grundform dann noch abänderbar und dient Lehmofenform bau mit Sand 2 lediglich dazu, dem Lehm ein wenig Halt zu geben, damit im Ofen eine gleichmäßig gewölbte Kammer entstehen kann. Nachdem das Ganze nun langsam Form angenommen hatte, konnte es weiter gehen. Lehm Stampfen!

Matsche-patsche!

Lehmstampfen auf einer Plane Einmal wieder wie ein Kind mit beiden Beinen knöcheltief im Matsch stehen und darin herumpatschen! Herrliches Gefühl! Es ist jetzt nicht so, dass ich meinem inneren Kind nicht genug Raum gäbe... aber solche Ausnahmezustände sind einfach genial! Meine Familie muss mich für völlig bescheuert gehalten haben. Insgeheim denke ich, sie tun das immer noch. Lehmstampfen auf einer Plane mit den Füssen Aber zurück zur Materie: Die Konsistenz, die ich erreichen wollte, lässt sich schlecht in Mengen bemessen. Zusammengesetzt wird aus Lehmiger Erde, Wasser (beides hatte ich ja schon vermischt) und Sand. Einen Anhaltspunkt über die jeweiligen Mengen bot mir das Buch. Das Finetuning hingegen ergab sich ganz klassisch aus Versuch und Irrtum. Und jetzt? Genau das, worauf ich persönlich mich an dieser ganzen Idee schon gefreut habe: Schuhe aus, ab in den Matsch! Hilfreich fand ich hierbei die Plane. Wenn man darauf matscht, lassen sich die Ränder immer wieder anheben und der zur Seite gequollene Lehm wieder in die Mitte schubsen. So wird das Vermengen der einzelnen Bestandteile ziemlich einfach und angenehm.

Lehm in passender konsistenz Ist eine homogene Masse mit den Füßen gematscht, kommt der erste Materialtest. Es gibt eine Handprobe für die richtige Konsistenz von Lehm zum plastischen Verbauen: Wenn eine Fingerdicke Wurst aus eurem Baustoff sich über die Kante eurer Handfläche legen lässt, ohne dabei rissig zu werden, hat euer Lehm die richtige Konsistenz. Zu brüchig bedeutet, zu viel Sand. Mehr Lehm und ggf. Wasser zugeben. Zu Fest bedeutet: Zu wenig Sand. Mehr davon dazugeben.

Der „Glockenbau“

Lehmofen Glockenbau Bevor ich jetzt Schicht um Schicht die Lehmmatschklumpen um meine Sandform schichten konnte, musste noch eine Trennschicht aus nassem Haushaltspapier her. Zeitung hätte wohl denselben Dienst getan. Die Trennschicht dient lediglich dazu den Sand hinterher auch (relativ- jeder kennt den Sandstrandnebeneffekt) spurlos wieder aus der Glocke zu bekommen. Lehmofen Glockenbau mit Lehm an der Seite Also, Papier drauf, und anfangen in 5cm dicken Bahnen den Lehm drum herum zu stapeln. Wichtig dabei: NIEMALS in Richtung Form drücken. Immer schön die neue gegen die alte Lehmschicht drücken und dabei alles schön verdichten. Lehmofen Öffnung wird berücksichtigt Die spätere Öffnung zum Heizen und Einschieben des Backgutes habe ich natürlich ausgespart. Dafür übrigens das zurechtgesägte Brettchen. Und so ringelte ich nun Schicht für Schicht immer ringsherum, drückte fest, hoffte, dass es auch noch hält, wenn ich den Sand dann rausschaufeln muss. Glattstreichen des Lehmofens Zum Schluss mit reichlich Wasser an den Händen noch alles hübsch glatt gestrichen. Und am Ende des spaßigen Teils sah der Keksofen dann so aus: Eine Verzierung konnte ich mir dann doch nicht verkneifen- plane und unberührte Flächen machen mich eher wahnsinnig als dass ich mich daran erfreuen kann. Weiße Wände gehören ja schließlich auch bemalt! ;-) Verzierung auf dem Lehmofen Von jetzt an hieß es warten. Das Ganze musste jetzt trocknen. Im Ganzen hat diese Aktion bis hierher nur knappe 3 Stunden gedauert, wenn ich die Vorbereitungen mitrechne. Fehlte noch das Ausschaufeln, aber das wollte ich dann Sicherheitshalber am nächsten Tag versuchen.

Ausschaufeln...

Entfernen des Sandes aus dem Lehmofen Der bange Moment. Nachdem ich jetzt die ganze Nacht lang Sorge hatte, dass der Regen mir meinen geblümten Keksofen wegschwämmen könnte, machte ich echt drei Kreuze, als das Ding am nächsten Vormittag noch stand. Sogar um einiges trockener als noch am Vortag. Der Sand hatte einen Großteil der Flüssigkeit aufgenommen und abgeleitet. Hat für mich auch absolut eindrücklich erklärt, warum man auch Häuser aus Lehm bauen sollte. Lehmofen beim einheizen Also kam der nächste Schritt: Raus mit dem Sand. Klappe vorsichtig wegheben und laaangsam und ganz vooorsichtig alles mit der Hand wieder in den Eimer, aus dem es gekommen war. Zum Schluss habe ich alles so gut es geht mit einem Handfeger ausgekehrt- kein Plastikteil! Das hat seine Vorteile, wenn man später heiße Glut aus dem Ofen entfernen will. Und siehe da: ER HIELT! (und hält noch immer) Jetzt zum letzten Schritt der Prozedur:

Das schnelle langsame Trocknen

Feuer im Lehmofen Ich hätte den Keksofen jetzt auch noch ein oder zwei Wochen so stehen und von allein trocknen lassen können, aber... ich bin ein ungeduldiger Mensch! Und ich war neugierig darauf, ob das Ding wirklich eine kleine Pizza gar bekommt. Also: Trick 17 mit dem Feuerchen. Wir hatten sowieso die ganzen letzten Wochen gegrillt oder auf offenem Feuer gekocht, geschmort und gebraten. Zündeln sollte also kein Problem sein. Dachte ich.

Langsam geht das Feuer im Lehmofen an Hatte ich falsch gedacht. In so nasser Umgebung wie in diesem Ofen ist es verdammt schwer ein Feuer überhaupt in Gang zu bekommen. Unten nass, oben nass, rundherum nass. Aber ich wäre nicht ich, wenn ich’s nicht trotzdem durchgezogen und ein Feuer gemacht hätte! Erst ein kleines und dann ein zunehmend größeres Feuer. Der Ofen musste ja nun langsam trocknen. Das ist der einzige Punkt, an dem ich wirklich zwanghaft Geduld hatte. Blick in den Lehmofen Risse gibt es ohnehin spätestens beim ersten Einheizen des Ofens. Diesen Schritt hatte ich damit gleich inbegriffen. Im dritten Bild sieht man, dass ich die Öffnung noch etwas verkleinert habe. War doof. Im Nachgang oder während des Trocknungsprozesses noch Teile anbauen zu wollen- das haut nicht hin. Dieser Bogen ist mir so oft wieder abgefallen, dass ich ihn jetzt auch ab lasse. Wäre schön gewesen wegen der Wärmespeichereigenschaft, aber nun gut. Für den ersten Backgang hat die Öffnung so gehalten. Später dann nicht mehr. Nachdem der Keksofen dann gute zwei Stunden mit unbehandeltem (!) Feuerholz getrocknet und eingeheizt worden war, kam der leckere Teil dran:

PIZZA!

Pizza für den Lehmofen Für den Teig verwenden wir das Rezept für einen Formteig. Genialster Pizzaboden den wir bis dato kennen! An dieser Stelle sollte ich mich vielleicht für das hochkant geschossene Bild entschuldigen- ich weiß, so etwas macht man nur bei Portraitbildern. Aber sie sind doch auch wirklich hübsch, die Kleinen! Bevor sie allerdings frei nach Grimm’s Märchen im Ofen landen konnten, musste ja erstmal die Glut raus. Mit einem Kohlenschieber und Schaufel ging’s zu Beginn ganz gut. Aber kehr einmal einen rund 300 °C heißen Ofen ohne Handschuh aus. Meine Herren! Da musste echt schnell sein... Etwas Asche blieb dann doch noch drin. Schmeckt im auf offenem Feuer gekochten Chai, kann also auch an der Pizza schmecken.

Pizza im Lehmofen vor der Glut Um die Temperatur besser zu halten, habe ich einen Teil der Holzkohlen noch an die hintere Wand geschoben. In folgenden Backgängen auch an die Seite. Das hält die Hitze ziemlich gut. Reicht dann auch für 4-5 Backgänge.

Fertig. Leckere Pizza aus dem Lehmofen Ich finde das Ergebnis kann sich sehen lassen! Die erste ist etwas verbrannt- da sieht man, dass die Kohle funktioniert. Die Pizza zu dicht heranschieben war wohl keine gute Idee. Beim zweiten Mal hatten wir den Dreh dann auch raus. Und es folgten viele weitere Pizzen. Weil einer unserer Nachbarn hervorragendes Lamm- und Schaffleisch verkauft, probierten wir auch eine Art Tandoori-Gericht. Total genial! Zum Anfang, um die erste Hitze zu nehmen, erstmal `nen Schwung Pizzen in den Ofen und dann für eine bis anderthalb weitere Stunden eine abgedeckte Backform mit Lamm und Gemüse und Joghurtsoße. Brot hat ebenfalls gut funktioniert. Früher hätte man zum Schluss noch Kräuter, Obst und Gemüse in der Restwärme getrocknet. Ich bin einfach nur hellauf begeistert und freue mich auf den nächsten Sommer. Vor allem aber auf den Tag, an dem wir das grundstückseigene Backhaus mit großem Ofen wieder aufgebaut haben und es neu eröffnen können. Ich hoffe mein Erfahrungsbericht war einigermaßen eindrücklich. An dieser Stelle sage ich danke für’s Lesen,

eure Jenny.