Lehmofen die Zweite- das Upgrade im Sommer 2016

Tag 1

Nachdem der "Keksofen" aus bereits anderenorts genanntem und sehr empfehlenswerten Werkbuch dermaßen rentiert hatte, wollte ich nun mal eine Nummer größer bauen. Die Woche sollte hervorragend warm und sonnig werden, ich hatte Urlaub, überall lag potenzielles Matierial herum. Perfekter könnten die Bedingungen nicht sein, um irgendwelche Flausen auszuleben. Der Sockel vom alten Ofen war auch noch vorhanden (eigentlich nur mit Lehmmörtel aufeinander gelegte Lehmbacksteine- ich bin erstaunt, dass das Ding jetzt schon zwei Jahre ohne Schutz vor Witterung steht). Also habe ich mir das Buch noch einmal zur Hand genommen und kurz überlegt, was sich als Unterbau eignen könnte.

Eine Palette sollte es werden. Oberseite nach unten auf den Sockel, an den offenen Kanten mit Brettern verschraubt, damit nichts rauslaufen kann- das Ganze sollte ja nun mit Lehmmatsch befüllt werden. Zum Teil, denn der Boden sollte diesmal gut isoliert werden. Was fiel mir da in die Hände? Leergut im Wert von ca. 2,40 €. Die Flaschen passten von der Höhe her gut zwischen die Balken der Palette, zudem noch recht dicht aneinander gelegt. Das sollte also gehen. Drumherum und in den Zwischenräumen habe ich alles gut und mit leichtem Druck mit einem Gemisch aus Lehmschlämme und Stroh verstopft. Obendrauf noch Backsteine, um weitere Wärme zu speichern. Dann zu guter letzt noch etwas Lehmmörtel für einen geraden Abschluss, der dann auch tatsächlich mal in Waage gemessen wurde- ich wollte nicht, dass mir noch ein Jahr lang der Käse von der Pizza läuft. Zum Schluss passte ich noch die Schamottsteine in die feuchte Lehmschicht ein. Auch wieder in Waage, ihr wisst warum... Das Ergebnis sieht trotz des Sockels doch recht solide aus. Zu dem Zeitpunkt habe ich noch gebangt, ob der Sockel hält. Spoiler: Ja, hat er!

Unser Unterbau für den Lehmofen Palette, Lehm-Strohgemisch, Bierflaschen & Lehm-Strohgemisch, Backsteine, Mörtel, Schamottsteine

Tag 2

Weiter ging's mit dem Upgrade-Ofen. Eine Sandform musste her. Schubkarrenweise Sand- ich glaube ich habe bestimmt zwei gehäufte Schubkarren voll Bausand als Modell auf meine Schamottsteine geschaufelt. Im Sand spielen kann so schön sein... Und bei 30°C im Schatten so mühsam. Umso schöner, dass ich dann wieder matschen durfte. Der Baulehm musste her. Mit etwas Sand, wie gehabt. Das kennen wir vom "Keksofen". Der Rest unterscheidet sich nicht vom ersten Projekt. Lediglich die Dimensionen sind jetzt etwa doppelt so groß. Wir sind bei 60 cm im Durchmesser und erheblich (!) mehr Material. Für die Öffnung war ich diesmal so klug, ein kleines Gestell zu bauen, damit ich nicht in den nächsten Tagen eine Öffnung einschneiden muss- das geht auch, wollte ich aber nicht. Am zweiten Tag sah das Ganze dann folglich so aus:

Sandform mit nasser Küchenrolle Die erste Schicht vom Lehmofen mit ausgesparter Öffnung

Tag 3

Und dann? War ich wieder zu ungeduldig und holte am Abend des dritten Tages einen Teil meiner Sandform heraus, nachdem ich tagsüber die Dämmschicht aufgetragen hatte. Was erheblich zu früh war! Der Ofen stürzte mir beinahe ein. Kein schönes Erlebnis, es hat ganz schön viel Kraft gekostet, die Decke des Ofens zu halten und mit der anderen Hand den Sand von Kniehöhe wieder herauf zu schaufeln und in die Öffnung zu drücken, damit alles wieder stabil hält. Nicht schön... Also was tun? Warten... noch ein Tag. Die Dämmschicht besteht übrigens aus etwa anderthalb gehäuften Schubkarren voll Kleintierstreu und Lehmschlämme. Im Endeffekt sah der Ofen doch noch ganz passabel aus. Im Innenraum bildeten sich später beim Ausbrennen etwas größere Risse, jedoch nichts, was man nicht mit Lehm drauf beheben könnte. Grade nochmal Schwein gehabt!

Lehmofen mit Dämmschicht

Die Sand-Matsch-Lehm-Stroh-Gartenabfälle-Häufchen vorn auf den Brettern der Palette hat übrigens unsere kleine Tochter installiert. Sie ist drei Jahre alt und fand das einfach hübsch. Davon ab wollte sie nach dem Kindergarten gern ein Bisschen beim Ofenbauen helfen. Immerhin hielt diese Idee sie von ihrem ersten kreativen Einfall ab: Überall rings um den Ofen kleine Patschehände in den noch nassen Unterbau zu drücken.

Tag 4

Am vierten Tag wurde ich ungeduldiger und ungeduldiger und fasste mir schließlich ein Herz, den Ofen auszubrennen. Erstmal so wie er da stand, damit die Dämmschicht besser abdampfen konnte. Stück für Stück schaffte ich den Sand raus und entfachte ein winziges Feuer gleich im Eingangsbereich. Ganz sachte und gemächlich ging es so bei kleiner Flamme weiter. Immer ein Stückchen weiter ausgraben, neues Feuerchen entfachen, warten. Nach einigen Stunden nahm das Ganze dann Gestalt an. Der Ofen war komplett entkernt, das Feuer brannte groß und lodernd, die Dämmschicht fing langsam an abzudampfen. Erfolg stellte sich ein.

Tag 5

Der eigentliche Backtag. Ich war früh aufgestanden, patschte Lehm-Sandputz auf die Dämmschicht und brannte den Ofen erneut aus. Sechs Stunden lang. Dann wurde er langsam auch außen trocken. Und das war auch gut so, denn die ersten Gäste kamen an.

Lehmofen nach dem Ausbrennen Lehmofen mit Feuertür

Wir hatten zu Flammkuchen und Federweißer eingeladen. Heißer Tipp zum kühlen Getränk: Einmal kaufen, immer wieder mit weißem Traubensaft auffüllen und ihr erhaltet ein perpetuum mobile der Trinklust. Naja, nicht ganz... nach einigen Flaschen vergeht einem die Lust auf Federweißer schon. Was aber immer geht: Flammkuchen, Pizza, Bratapfel. Absolut lecker. Die Kids fanden's gut, Pizza mit frischen Tomaten im urigen Ofen zu backen. Nachteil dabei: Ein noch nasser Ofen ist zum Akkordbacken nicht gut geeignet. Wir mussten zwei mal nachfeuern, damit wir weiterbacken konnten. Insgesamt, glaube ich, war die Aktion aber ganz gelungen und findet sicher auch mit diesem Öfchen noch zahlreiche Wiederholungen.

Flammkuchen- der erste aus dem Lehmofen Selbstgemachte Pizza aus dem Lehmofen Bratapfel im Topf Nach etwa 20 Minuten schmoren mit Deckel

Weitere Ergebnisse von kommenden Backtagen folgen natürlich. Wir freuen uns auf frisches Brot, Schmorgerichte, Kuchen, Tartes, Getrocknetes, uvm.

Bis dahin viel Spaß beim Kreativsein!